2.12.2016, 20 Uhr

TRAUBE JANESC

St. Ulrich Ortisei Urtijëi

Grödner Tal

Südtirol/Alto Adige

 

Maria C Hilber (IT) venerasinn (AT) Jakob Kraner (AT)

Christiane Heidrich (DE)  Manuel Beck (LIE) ORAVIN (AT)

 

Seit einigen Jahren ist in der deutschsprachigen Literaturwelt eine Tendenz zu beobachten: Immer mehr, vorwiegend AutorInnen, die nach 1980 geboren sind, verlassen das „klassische“ Lesungsformat zunehmend und inszenieren Texte in Form von Literaturperformances. „Performances“ heißt in diesem Zusammenhang meistens: Mischformen aus Text, Bild, Video, Körper, Musik, etc.

TEXTETC will einen Einblick in die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten performativer Literatur bieten und bringt 6 Literaturperformances von aufstrebenden AutorInnen aus dem deutschsprachigen Raum auf die Bühne im Wirtshaus Traube/Janesc in St. Ulrich/Gröden. Anschließend wird das Format der Literaturperformance in einer Diskussion, geleitet von Matthias Vieider, kritisch hinterfragt. Anschließend Umtrunk!

 

 

PERFORMANCES

 

Maria C Hilber

Em:ma my Robin. FwQ

Text/Video

Entlang des Körpers schreiben. Skattern. Blättern. In die Hirnwelt eintauchen. Das fabulierende Hirn nicht sezieren, aber abhorchen. Zwischen die Dielen des Getriebes tauchen. Das Gefundene ganz hervorziehen und dabei flüstern. Dann es hinaus in den Wald schicken und dem Echo lauschen. Mit dem Mund einfangen. Umschreiben. Es nochmal hinaus in den Wald schicken und dem Echo lauschen. EM:MA@Robin ist eine Webtante, die an den Rädern des entgrenzten Getriebes sitzt. Eine selbsternannte Botschafterin, die als brennendes Symptom auftaucht. EM:MA@Robin beobachtet die mediale Berichterstattung, sucht die Brüche und Narben, versucht sie sprech- und sichtbar zu machen. Sie taucht in Traumas der WWWelt, enthüllt Einschreibungen entlang der Haut und schreibt sie um. Schreibt sie um. Alternative neuralgische GIFs werden geknüpft, neue Narrative gesprochen. Es wird Politik, Aktivismus und Kosmetik betrieben. Eine Reflecture-Performance zu FwQ.

 

 

venerasinn

die motte lieben lernen

Text/Musik

In ihrem Soloprojekt vertont venerasinn ihre Lyrik in düsteren Lo-Fi Arrangements und mit hypnotischem Sprechgesang. Es dreht sich um Regelwerke, die reiner Selbstzweck sind und Rituale ohne Bedeutung. Ornamentale Zustands-beschreibungen, barocke Innenarchitekturen und Gefühlszierrat. Patina für die Welt.

 

Christiane Heidrich

Today I am functional (mit PoemHomie)

Text/Körper/Video

Das Verwachsen aller Lebensbereiche mit Anwendungen und Programmen normalisiert einen Zustand gleitenden Funktionierens. Die Performance untersucht die sich auflösende Grenze zwischen dem menschlichen Körper/Denken und digitalen Technologien. Wenn der Unterschied zwischen „echten“ Personen und virtuellen Figuren immer geringer wird, auf welche Weise wollen wir koexistieren? In Konkurrenz oder kumpelhaftem Austausch? Vor dem Hintergrund einer computergenerierten Szene fragt die Performance nach möglichen Brüchen in einer zunehmend funktionalisierten Sprache und Gegenwart.

 

 

Jakob Kraner

Vom hämisch-heiseren Lachen

Text/Sounds

„Die Hühnergrillmeister, die immer dann von ihren Bieren trinken, wenn ihr hämisch-heiseres Lachen verebbt, die immer dann in ihre Biere sich zurückziehen, wenn sie auf das nächste hämisch-heisere Lachen warten müssen, auf den nächsten Scherz, die nächste Demütigung, die nächste Anektdote.”
Eine Wanderung durch die Welt in verdichteter Prosa. Der Fluss der Wahrnehmungen wird dabei immer wieder durchbrochen, Eindrücke hallen nach, Sätze bleiben hängen, strudeln, werden Mantras.

 

 

Manuel Beck

BAUBAUSTELLELLE

Text/Zeugs

Es ist 6 Uhr. Kein Snooze-Knopf. Der R R R R R R Wecker hat sich im Kopf R R R I I I I und kommt nicht mehr weg davon N N N G G G G. Angesetzt. Manuel Beck demonstriert am ersten Takt des Tages die Vorlage bis zum Ende einer Kurzgeschichte. Das Weckerpendel fährt an diesem Tag wie ein Auto aus dem Parkplatz einer Sprachtherapeutin. Schlägt wie der Presslufthammer auf der Baustelle beim Nachbarn. Hämmert wie die Finger auf die Tastatur im Büro. Kurz: Das Weckergebimmel wird zum Begleiter einer Sprachtherapeutin, die an diesem Tag mittels Atemübungen versucht, einen Schlaganfallpatienten zurück ins Sprechen zu bringen. Schlussendlich: Sein Stottern, sein Gestammel verhakt sich im Takt ihres Gebimmels. Eine spannende Geschichte. Ein Kreuzfeuer. Explosiv.

 

 

ORAVIN

logbuch. licht

Text/Visuals/Musik

Mit Livevisuals und analogen Synthesizern fordert Oravin die Sinnesorgane heraus: flackernde Lichter, verwaschene Bilder, ohrenbetäubende Frequenzen und harte Rhythmen umspielen und überlagern den Text. Die Grenzbereiche zwischen Noise und elektronischer Tanzmusik, Singen und Sprechen, Sprache und Sprachlosigkeit erkundend, steht er sowohl in der Tradition des deutschen New Wave als auch der österreichischen experimentellen Dichtung.

 

 

AUTORINNEN & AUTOREN

 

Maria C Hilber, Autorin, lebt und arbeitet zwischen Südtirol und Wien. Schreibt performative Texte, Essays und Kurzprosa. Masterstudium  “Art&Science” an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Mehrjährige Tätigkeit als Künstlerische Leitung bei pro mente Wien. Initiatiorin der “CASA NANG. Temporäres Literaturhaus”, Südtirol 2015 (www.casanang.eu). Erstes Stück 2012 unter dem Dachtitel “Im Jahre des Affen”. Zweites performatives Stück  “Weiß. Kein Schildkrötenhaus”. 2016 Gründung des Heartj(°)bsinstitutes, zusammen mit der Künstlerin und Kunsttheoretikerin Nicole Sabella. Ab Oktober 2016, Webfigur: Em:ma@Robin, mediale Umschreibungen http://emma-at-robin.tumblr.com Online Publikation - www.hyperlinkessays.net


Verena Dürr alias venerasinn ist interdisziplinäre Autorin, Experimentalmusikerin, Performancekünstlerin, Küchenhilfe und Betreuerin in einem Notquartier für obdachlose Menschen. Sie ist ein Teil des Poesiepop Duos Bis eine Heult und das Literaturorgan des KünstlerInnenkollektivs für experimentellen Instrumentenbau mit Hooklineexpertise: LasterKanaster. Verena Dürr erhält derzeit das Startstipendium für Literatur und schreibt ein Buch.


Christiane Heidrich (*1995 in Karlsruhe) entwickelt Texte, Videos und Performances, die sich mit dem Verhältnis von Sprache, Körper und Digitalität beschäftigen. Seit 2013 studiert sie an der Staatl. Akademie der Bildenden Künste Stuttgart. Sie lebt in Stuttgart.


Jakob Kraner, geboren 1986, lebt in Wien, schreibt Prosa, Prosaminiaturen, Essays und Kosmologien, macht Lesungen, Literaturperformances und Musik. Realisierte Arbeiten u.a. für Garage-X-Theater, Viertelfestival Niederösterreich. Teil des Lyrikkollektivs babelsprech. Veröffentlichte zuletzt in: Lyrik von Jetzt #3, Triëdere, Fabrikzeitung Zürich.


Manuel Beck, geb. 1989 in Liechtenstein. Stechender Schmerz in unterer rechten Bauchgegend. 2009 Sozialjahr in Bolivien, Aufgebot für die Nationalmannschaft. Magenprobleme expandieren. Seit 2009 Germanistikstudium, seit 2012 Sprachkunst in Wien. Beschäftigung mit Darmsanierungen, Denkprozessen und ILP (Integrierter Lösungsorientierter Psychologie). 2016 das erste Mal in Südtirol. Bewunderung für die Langkofelgruppe. Unveröffentlichte Werke: »Die Stunden nach der Muttermilch« (1992), »Mägen.Mögen.Machen.« (2008) und »Meine Bewunderung für die Langkofelgruppe« (2016).


Oravin ist Dichter und audiovisueller Performer. Geboren in Leoben und aufgewachsen in Graz, hat er in Reykjavík, Berlin und Orivesi/Finnland gelebt. Er performte unter anderem in Tokyo, Helsinki, Sarajevo und Marseille und zeigte seine Videoarbeiten auf internationalen Festivals. Seine Texte wurden in Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht. Eine Auswahl seines Werks findet sich auf www.oravin.at. Heute lebt er in Wien.

 

 

ANFAHRT+INFO

 

 

TEXTETC ist eine Veranstaltung der SAV (Südtiroler AutorInnenvereinigung), initiert, organisiert und moderiert von Matthias Vieider und gefördert von der Autonomen Provinz Bozen, Amt für Kultur.

 

 

 

PRESSE

 

Gespräch über die Veranstaltung & performative Literatur

im Onlinemagazin salto.bz (30.11.2016)

>>

 

Artikel über die Veranstaltung

in der Neuen Südtiroler Tageszeitung (15.12.2016)

 

 

FOTOS